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Konsolen & Emulatoren, Teil 2 von 3

Diese zweiteilige Serie erschien in der AMIGAplus 03/2001 und 04/2001 und wird durch einen Sonderteil auf dieser Homepage zu einem nunmehr dreiteiligen Konsolen-Special ergänzt.

Teil 1 - Emulation, Atari 2600, ColecoVision, NES, Master System
Teil 2 - Game Boy, Game Gear, Mega Drive, SNES
Teil 3 - Ergänzung: Sega Nomad

von Wolfgang Böhl und Heiko Fischer

Herzlich willkommen in den frühen 90er Jahren! Zu dieser Zeit traten die alten 8-bit-Konsolen, wie das »Nintendo Entertainment System« (NES) oder das »Master System« von SEGA, ihren wohlverdienten Ruhestand an, und die ersten 16-bit-Konsolen erblickten das Licht der Welt. Ein kleines Gerät mit den Ausmaßen einer Videokassette eroberte die Herzen der Videospiele-Freaks im Sturm.

Nintendo Game Boy

Wir setzen unsere Reise durch die Geschichte der Videospiele, die wir in der letzten Ausgabe der AMIGAplus begonnen haben, im Jahre 1989 fort. Das »NES« hatte sich in der Zwischenzeit in Europa zum Marktführer gemausert, SEGA hatte dieser Tatsache nur wenig entgegenzusetzen. Doch die eigentliche Sensation seitens Nintendo sollte erst noch folgen. Mitte 1989 wurde der »Game Boy« der Öffentlichkeit präsentiert. Mit der ersten Handheld-Konsole setzte sich Nintendo selbst ein Denkmal, denn bis heute wurden weltweit mehr als 100 Millionen Handhelds mit der Aufschrift Game Boy abgesetzt. Ein Ende ist selbst ein Jahrzehnt nach der Markteinführung noch nicht abzusehen.

Das Herzstück vom Game Boy ist ein 8-bit Z80 Prozessor mit einer Taktrate von 4,19 MHz. Er verfügt über 8 KByte Hauptspeicher und 8 KByte Video-RAM. Das reflektierende LC-Display unterstützt eine Auflösung von 160x144 Pixel bei 4 Graustufen. Die Audiowiedergabe erfolgt über einen 4-Kanal Stereo-Chip. Über eine serielle Schnittstelle kann man zwei Game Boys miteinander verbinden und bei Spielen mit Multiplayerfunktion gegeneinander antreten. Obwohl das Gerät technisch keine Sensation darstellte, verhalf ihm ein einfaches, aber geniales Spiel mit dem Titel »Tetris« zum Welterfolg. Nicht nur in Japan, sondern auch in den USA und Europa brach eine regelrechte Tetris-Manie aus, und Nintendo hatte sogar kurze Zeit Mühe, die große Nachfrage nach der Konsole zu befriedigen. 1998 erblickte der »Game Boy Pocket« das Licht der Welt, zwei Jahre später erschien der »Game Boy Color« mit einem LC-Farbdisplay. Die technischen Unterschiede zum Original-Modell von 1989 sind allerdings, abgesehen vom Farbdisplay, den aber auch schon der Atari Lynx Jahre vorher besaß, kaum nennenswert.

Die Popularität des Game Boy spiegelt sich auch in der Anzahl der Emulatoren wieder, die sich im Aminet tummeln. Bei näherem Hinsehen trennt sich allerdings schnell die Spreu vom Weizen. Bei einem Großteil der Emulatoren handelt es sich um einfache UNIX-Portierungen ohne eine graphische Oberfläche. Im Endeffekt lässt sich die Auswahl auf zwei Emulatoren reduzieren, die leistungsstark und leicht zu bedienen sind. Für Amigas auf 68k-Basis empfehlen wir den Emulator mit dem seltsamen Namen »Wzonka-Lad«, der über eine komfortable Oberfläche gesteuert wird. Leider unterstützt die Software keine Grafikkarten. Besitzer einer PowerPC-Karte sollten dagegen zu »GBE« von »Amidog« greifen. Dieser auf WarpUP basierende Emulator verfügt zwar über keine eigene GUI, lässt sich aber sehr einfach in Nostalgia integrieren (siehe AMIGAplus 03/2001). Grafikkarten werden, wie es auch bei allen anderen Amidog-Emulatoren gang und gäbe ist, unterstützt. Einziger Wermutstropfen: Die Sound-Emulation ist bis jetzt noch nicht implementiert, sodass Mario vorerst geräuschlos durch seine Abenteuer geschickt werden muss.

SEGA Game Gear

Aus Angst, sich wieder einmal vor dem Erzrivalen Nintendo geschlagen geben zu müssen, steckte SEGA eine enorme Summe in die Entwicklung einer eigenen Handheld-Konsole. Das Ergebnis dieser Arbeit war der so genannte »Game Gear«, dessen Markteinführung ein Jahr nach der des Game Boy stattfand. Wie beim Game Boy kommt hier ein 8-bit Z80 CPU zum Einsatz, jedoch mit einer Taktrate von 3,6 MHz. Sein Hauptspeicher ist mit 64 KByte acht Mal so groß wie der des Game Boy. Als Ausgabemedium kam ein Hintergrundbeleuchtetes LC-Display mit einer Auflösung von 160x144 Pixeln bei maximal 32 Farben zum Einsatz. für die Tonwiedergabe waren drei Soundgeneratoren und ein Rauschgenerator zuständig.

Obwohl der Game Gear von SEGA dem Nintendo Game Boy aus technischer Sicht überlegen war, gelang es dem SEGA-Spössling nicht, sich gegen den Konkurrenten aus dem Hause Nintendo durchzusetzten. Die Hauptgründe für die Absatzschwäche des Game Gear waren zum einen die schlechte Vermarktung seitens SEGA und zum anderen das viel zu große und schwere Gehäuse des Game Gear. Dennoch wurden immerhin 200 Spiele für den ersten und einzigen SEGA-Handheld produziert.

Für den Amiga gibt es mit dem »AmiMasterGear«, dem »MasterGear« und unserem Alleskönner »DarcNES«, den wir schon im letzten Teil kennengelernt haben, immerhin drei Emulatoren für den Game Gear. AmiMasterGear ist in diesem Fall die einzige reinrassige 68k-Emulation. Doch leider werden, wie bei »Wzonka-Lad«, keine Grafikkarten unterstützt. Alle PowerPC-User werden wohl nicht an DarcNES vorbeikommen. Wie auch schon die Emulation des Master System, ist auch die des Game Gear bei DarcNES erstklassig und über Nostalgia auch leicht zu konfigurieren. DarcNES ist in den neuen Versionen leider nur auf PowerPC-Rechnern mit WarpUP lauffähig. MasterGear ist zwar auch ein Emulator für PowerPC-Maschinen, kann aber in Sachen Leistung und Bedienungskomfort nicht mit DarcNES mithalten.

SEGA Mega Drive

Das Mega Drive von SEGA war die erste 16-bit-Konsole der Welt. Bei der Markteinführung im Jahre 1990 war sie zumindest aus technischer Sicht konkurrenzlos. SEGA hatte es zum ersten Mal geschafft, einen Schritt weiter als der Wettbewerber Nintendo zu sein. Das Mega Drive ist, wie seinerzeit der Amiga 500, mit einem 68000 Prozessor von Motorola ausgestattet, der mit 7,8 MHz getaktet ist. Der Speicher ist mit 64 KByte RAM, 64 KByte Video-RAM und 8 KByte Audio-RAM dreigeteilt. Das Gerät verfügt über sechs Stereo Kanäle zur Soundausgabe. Die maximale Bildschirmauflösung von 320x224 Pixeln bei 64 Farben setzte zum damaligen Zeitpunkt im Konsolenmarkt neue Maßstäbe.

Als weiteren Pluspunkt konnte SEGA die Abwärtskompatibilität zu alten Spielen für das Master System verzeichnen. Auch die Marketing-Abteilung von SEGA leistete bei der Vermarktung des Mega Drive ganze Arbeit, sodass die Konsole zum größten Erfolg von SEGA wurde. Markenzeichen des Mega Drive waren schnelle, actionlastige Spiele, und mit »Sonic the Hedgehog«, einem kleinen, blauen Igel, hatte SEGA auch endlich ein Maskottchen gefunden. 1994 wurde mit der 32X-Erweiterung versucht, dem Mega Drive eine Frischzellenkur zu verpassen. Der Erfolg hielt sich aber, wie beim MEGA-CD2, einem Mega Drive mit CD-ROM-Laufwerk, stark in Grenzen. 1995 wurde das Mega Drive dann endgültig vom SEGA Saturn abgelöst.

Im Gegensatz zum Game Boy oder Game Gear gibt es nur einen einzigen brauchbaren Mega-Drive-Emulator für den Amiga. Der »AmiGenerator« von Amidog basiert auf WarpUP, die 68k-Unterstützung wurde leider aufgegeben. Ältere Versionen, in denen 68k-Prozessoren noch unterstützt werden, stehen auf der Amidog-Website jedoch noch immer zum kostenlosen Download bereit. Da die Emulation aber selbst einen kleinen PowerPC ins Schwitzen bringt, ist eine leistungsstarke PowerPC-Karte doch sehr zu empfehlen. Für den Fall, dass die Emulation zu langsam werden sollte, lässt sich mit der Frameskip-Funktion die Bildschirmausgabe noch etwas beschleunigen. Da der AmiGenerator die originalen Joypads des Mega Drive unterstützt, steht einem authentischen Spielerlebnis nichts mehr im Wege.

Super Nintendo Entertainment System SNES

Zum ersten Mal lag es an Nintendo, nachzuziehen. Und tatsächlich, kurz nach der Einführung des Mega Drive, präsentierte Nintendo das »Super Famicon«, welches später in Europa unter dem Namen »Super Nintendo Entertainment System« verkauft wurde.

Als Prozessor für die neue 16-bit-Konsole von Nintendo dient ein 65c816 16-bit-CPU mit einer Taktrate von 3,58 MHz. Bei der Soundwiedergabe kommt ein spezieller Chip von Sony zum Einsatz, der dem »SNES« echten 16-bit-Sound über acht Stereokanäle zur Verfügung stellt. Mit einer maximalen Auflösung von 512x448 Pixeln bei 256 Farben stach die Konsole seinerzeit in Sachen Grafikleistung selbst unseren heiß geliebten Amiga aus. Besonders beeindruckend waren die Fähigkeiten des so genannten Mode7-Chips. Dabei handelt es sich um eine Pseudo-3D-Einheit, die Bitmap-Grafiken mit enormer Geschwindigkeit skalieren konnte. Als Demonstrationswerkzeug für diesen Chip diente das Spiel »F-Zero«, welches die Grafikleistung der neuen Nintendo-Konsole deutlich herausstellte.

Ursprünglich sollte die Konsole sogar zu den alten NES-Titeln kompatibel sein, was sich aber negativ auf den Endkundenpreis ausgewirkt hätte, sodass die Entwickler letztendlich auf dieses Feature verzichteten. Dennoch wurden bis zum heutigen Tage weltweit über 46 Millionen »SNES«-Konsolen verkauft, 20 Millionen davon alleine in den USA.

Leider gibt es auch für das »SNES« keine große Auswahl an Emulatoren auf dem Amiga. Die einzige brauchbare Emulation ist »WarpSNES«. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich dabei um ein reines PowerPC-Programm. WarpSNES unterstützt CD32-Joypads, welche den originalen Nintendo-Joypads sehr ähnlich sind. WarpSNES lässt sich entweder über das mitgelieferte GUI oder über das etwas komfortablere Nostalgia bedienen. Leider hat WarpSNES mit einigen Amiga-Konfigurationen Probleme, was sich in sporadischen Abstürzen und Grafikfehlern bemerkbar macht. Dennoch ist WarpSNES eine gute Lösung, um das »SNES« auf den heimischen Amiga zu bringen.

Zum Schluss

Damit wäre unser zweiteiliger Streifzug durch die Welt der Konsolen und Emulatoren auch schon zu Ende. Man darf gespannt sein, welche Konsolenspiele wir in der Zukunft auf unserem Amiga spielen dürfen. Es gibt schon jetzt mehrere Playstation- und Nintendo64-Emulatoren für den Amiga, welche aber das Entwicklungsstadium noch nicht verlassen haben. Außerdem wird von solchen Emulatoren eine nicht zu unterschätzende Rechenpower vorausgesetzt, die so im Moment für den Amiga noch nicht verfügbar ist. Vielleicht werden wir aber bald mit Hilfe der SharkPPC oder des AmigaONE in den Genuss von Playstation-Spielen am Amiga kommen. Bis dahin wünschen wir viel Spaß mit »Street Fighter«, »Mario«, »Sonic« und Konsorten! (wb, hf)

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